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Digitale Ausbildungsmesse - Auch große Firmen von weiter weg sind vertreten

Jürgen Gutbrot, Lehrer, im Interview über die Unterstützung von Schülern bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und wie digitale Ausbildungsmessen dabei helfen können.
Veröffentlicht am 11.09.2021
Jürgen Gutbrot (31) ist Lehrer an der Sigmaringer Theodor-Heuß-Realschule und unterstützt Schülern zusammen mit den Berufsberatern der Arbeitsagentur dabei, eine geeignete Ausbildungsstelle zu finden. Dafür nutzt er unter anderem die digitale Ausbildungsmesse „Ausbildung im Südwesten“, die vom 16. bis 19. September 2021 stattfindet. | Bild: privat/sandra Gutbrot

Welche Aufgaben übernehmen Sie an Ihrer Schule in Sachen Ausbildungsvermittlung für die Schüler?

Ich koordiniere die Termine für unsere Schüler, wenn ein Berufsberater von der Arbeitsagentur an unsere Schule kommt. Er berät die Schüler individuell zu Fragen wie weiterführenden Schulen, Bewerbung, welche Berufe es gibt und so weiter. Ich helfe unseren Schülern dann bei der Vermittlung und Suche von Praktikumsplätzen, schreibe die Betriebe an und informiere diese. Momentan leite ich aber vor allem Informationen zu digitalen Veranstaltungen an unsere Schüler weiter.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Ausbildungsmessen im Allgemein gemacht?

Insgesamt habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Betriebe haben großes Interesse daran, an unsere Schule zu kommen, um potenzielle Auszubildende zu informieren. Aber auch unsere Schüler sind angetan. Sie bekommen an diesem Tag die Möglichkeit, verschiedene Betriebe und direkte Ansprechpartner – meistens Auszubildende – zu treffen und sich von ihnen die ersten Jahre in einem Betrieb beschreiben zu lassen.

Konnten Sie bereits Erfahrungen mit digitalen Ausbildungsmessen sammeln?

Ja, ich habe die Ausbildungsmesse „Ausbildung im Südwesten“ an meine Schüler weitergeleitet. Meiner Meinung nach war die Seite sehr strukturiert und einladend aufgebaut. Die Schüler konnten sich sozusagen zu den verschiedenen Jobs virtuell direkt an den Stand „beamen“ und dann entscheiden, welche Art von Kommunikation ihnen am besten gefällt. Sie konnten zum Beispiel einen Film zu dem Job sehen, sich Informationen durchlesen oder auch per Chat- oder Videofunktion direkt mit den Betrieben sprechen. Ich fand das eine gute Alternative zu den Präsenz-Messen.

Welche Vorteile hat eine digitale Ausbildungsmesse für die Jugendlichen und die Unternehmen?

Einen Vorteil sehe ich darin, dass hier auch große Firmen von weiter weg vertreten sind. Unternehmen, die sich vorher nicht die Zeit genommen haben, an unsere Schule zu kommen, sind nun auch dabei, weil sie sich die Zeit für An- und Abreise sowie Auf- und Abbau sparen. Noch ein großer Vorteil: Eine digitale Ausbildungsmesse ist nicht auf drei Stunden beschränkt wie bei Präsenzveranstaltungen. Sie geht oft mehrere Tage, sodass man sich gründlich über viele verschiedene Berufe informieren kann. Denn tatsächlich kennen die meisten Schüler gerade einmal maximal 20 Berufe – viel zu wenige.

Welche Rolle spielen die Eltern der Jugendlichen bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz?

Die Schüler sind in einem hochpubertären Alter, in dem viele auch hinsichtlich ihrer eigenen Interessen und Fähigkeiten verunsichert sind. Ausgerechnet jetzt sollen sie sich auch noch für einen Beruf entscheiden. Das ist nicht einfach! Eltern haben jedoch einen großen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Und gerade jetzt in dieser merkwürdigen Zeit ist es wichtig, den Kindern aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt. Eltern sollten sie also hinsichtlich der Berufsorientierung motivieren, sich über berufliche Möglichkeiten zu informieren. Ganz wichtig finde ich, sich zusammen Zeit dafür zu nehmen. Auf der Treppe zum Beruf beginnt immer alles bei der Selbsterkundung. Was kann mein Kind eigentlich? Was sind seine Stärken? Wo liegen die Schwächen? Da empfehle ich den Eltern immer, gemeinsam mit ihren Kindern mal den kostenlosen Online-Test Check-U von der Bundesagentur für Arbeit zu machen. Er ist super geeignet, um herauszufinden, welche Berufsbranchen einem liegen könnten. Man kommt automatisch ins Gespräch und setzt sich damit auseinander.

Was wünschen Sie sich von Eltern und Schülern im Hinblick auf eine optimale Vermittlung von Ausbildungsstellen?

Ich nehme momentan wahr, dass alles, was in irgendeiner Form mit „digital“ zu tun hat, für die meisten Schüler verständlicherweise nach dieser langen Periode von Onlineunterricht uninteressant ist. Die Schüler werden aber trotzdem älter und müssen sich nach ihrer Schulzeit trotz Corona und ausfallenden Veranstaltungen für ihren weiteren Werdegang entscheiden. Deswegen wünsche ich mir, dass Angebote zur Berufsorientierung wahrgenommen werden. Die Angebote sind da, viele haben sich aber in die digitale Welt verschoben und das ist für Eltern und Schüler momentan gar nicht einfach.

Und was halten Sie von Praktika?

Das ist meine dringende Empfehlung an die Schüler: Macht Praktika! Momentan dürfen leider keine Schulpraktika stattfinden. Aber dann wird es eben ein privates Praktikum in den Ferien! Denn ein Praktikum kann halt nun mal durch nichts ersetzt werden und es bleibt die beste Bewerbung, wenn man später wirklich bei diesem Betrieb anfangen will.

VON HEIKE THISSEN