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Es geht darum, sinnstiftend zu arbeiten

Daniel Ette (35) hat sich seit vielen Jahren auf nachhaltiges Unternehmertum spezialisiert. Er ist unter anderem Geschäftsführer von „Denkwende“ in Konstanz und arbeitet als Experte, Autor und Dozent zu den Themen Energiemanagement, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Geschäftsmodellinnovationen.
Veröffentlicht am 07.08.2021
Daniel Ette (35), Geschäftsführer von „Denkwende“ in Konstanz und Experte, Autor und Dozent zu den Themen Energiemanagement, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Geschäftsmodellinnovationen. | Bild: Privat

Herr Ette, was ist eigentlich Social Entrepreneurship?

Bei uns im deutschsprachigen Raum wird das englische Wort „social“ oft mit „sozial“ übersetzt. Wenn es um Social Entrepreneurship geht, ist aber eher die Übersetzung „gesellschaftlich“ passend. Denn es geht um Unternehmertum, das sich langfristig für die Lösung gesellschaftlicher Probleme und einen positiven Wandel in der Gesellschaft einsetzt. Umweltschutz und Nachhaltigkeit spielen dabei natürlich eine große Rolle, aber auch Bildung, Armutsbekämpfung oder Menschenrechte. Also alles, was in einer Gesellschaft schieflaufen kann. Dabei folgen Social Entrepreneurs der Idee, dem Gemeinwohl zu dienen und gleichzeitig ein tragfähiges Geschäftsmodell zu etablieren.

Wie wirkt sich Sozialunternehmertum auf Unternehmen aus?

Bei diesen Unternehmen geht es nicht mehr nur um den reinen Gewinn. Natürlich wollen auch sie Geld verdienen. Doch die Gewinnmaximierung – Betonung auf Maximierung – ist nicht das oberste Ziel, sondern das sinnstiftende Arbeiten. Das ist inzwischen für viele Fachkräfte ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitgeber. Es wirkt sich also auch auf die Attraktivität des Unternehmens aus. Außerdem brauchen Unternehmen für Social Entrepreneurship Pioniergeist, denn sie bewegen sich oft in Themenfeldern, die sie sich komplett neu erarbeiten müssen.

Wie lässt es sich im Alltag umsetzen?

Bei Social Entrepreneurship geht es zunächst immer darum, dass Unternehmen für sich festlegen, welches gesellschaftliche Problem sie angehen möchten. Geht es um Bildung? Um Klimaschutz? Um Landwirtschaft? Mit dieser Fragestellung arbeitet das Unternehmen an Produkten oder Dienstleistungen, die dazu beitragen, das Problem zu lösen. Wichtig finde ich aber auch, dass darüber hinaus das Unternehmen in seinen Strukturen und Prozessen zukunftsorientiert agiert. Wer ein nachhaltiges Produkt verkaufen will, beim Termin mit Kunden aber Kaffee aus Plastikbechern trinkt, macht sich unglaubwürdig.

Was kann ein Unternehmer schon hier und jetzt tun, um mit Social Entrepreneurship loszulegen?

Der erste Schritt hin zu Social Entrepreneurship führt über die Frage „Was ist der Sinn und Zweck unseres Unternehmens?“. Das mag banal klingen. Aber wir stellen in unseren Seminaren immer wieder fest, dass vielen Firmen diese klar definierte Vision fehlt. Ist sie erst einmal geklärt, lassen sich daraus Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen ableiten.

Auch einfache, gezielte Maßnahmen lassen sich innerhalb der Unternehmen ergreifen. Auf unserer Homepage www.denkwen.de steht zum Beispiel ein Nachhaltigkeitswegweiser zum Download bereit, der beim Einstieg hilft. Ist Nachhaltigkeit in der Unternehmensphilosophie verankert? Arbeitet die Kaffeemaschine mit Kapseln? Kommt Ökostrom zum Einsatz? Und erhalten die Mitarbeitenden faire Löhne? Auf dem Weg zum Sozialunternehmen ist es wichtig, alles komplett zu durchdenken und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Was ist unser Geschäftsmodell, dient unser Produkt auch der Gesellschaft und welche Maßnahmen setzten wir unternehmensintern um?

Können Unternehmen nach außen sichtbar machen, dass sie sich dem Social Entrepreneurship verschrieben haben?

Ja, das ist möglich. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten über Zertifikate, Labels oder Verbandmitgliedschaften auch in der Außenwirkung klarzumachen, dass dem Unternehmen an Social Entrepreneurship gelegen ist. Dazu gehören zum Beispiel „Die Gemeinwohl-Ökonomie“, das „Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland“ oder auch die sogenannte B Corporation-Zertifizierung der amerikanischen Non-Profit-Organisation „B Lab“.

VON HEIKE THISSEN