You are here

So gehen Unternehmen konstruktiv mit Fehlern um

Eva Krause (43) ist Geschäftsführerin der Vinergy GmbH mit Sitz in Singen, die die Wirtschaftspsychologin zusammen mit ihrem Mann gegründet hat. In der Unternehmensgruppe dreht sich alles um Kondome in der passenden Größe.
Veröffentlicht am 17.07.2021
Eva Krause (43) ist Geschäftsführerin der Vinergy GmbH mit Sitz in Singen | Bild: Vinergy GmbH

Frau Krause, wie oft haben Sie mit Ihrem Unternehmen in den vergangenen Jahren aus Fehlern gelernt?

Sehr oft! Tatsächlich befinden wir uns aktuell in der intensivsten Lernphase unserer Unternehmensgeschichte. Wir müssen uns gerade von unserer Marke My.Size trennen, weil wir im Vertrag mit einem früheren Geschäftspartner einen Fehler gemacht haben. Doch wir nutzen diese Krise als Chance. Wir wissen jetzt, dass wir bei unseren Geschäftspartnern künftig strikt auf gemeinsame Werte achten werden und uns vertraglich wasserdicht absichern werden. Außerdem übernehmen wir die volle Verantwortung dafür und suchen die Schuld nicht bei anderen. Eine weitere Folge ist, dass wir als Unternehmen viel schneller und agiler geworden sind.

Im Januar 2021 wären Sie fast auf eine Betrugsmasche reingefallen. Damals hatte ein angeblicher Kunde aus Frankreich bei Ihnen Kondome im Wert von 60.000 Euro bestellt. Kurz vor der Auslieferung bemerkten Sie, dass dieser Auftrag von einem Betrüger stammte. Welche Konsequenz haben Sie daraus gezogen?

Aus diesem konkreten Fall haben wir gelernt, mehr auf unser Gefühl zu vertrauen. Wenn wir jetzt den Eindruck haben, dass bei einer Bestellung etwas nicht stimmt, gehen wir dieser inneren Stimme noch mehr nach. Außerdem arbeiten wir seither bei Neukunden mit einer Checkliste, mit der wir die Seriosität des Neukunden prüfen.

Ist Ihnen durch diese Fehler wirtschaftlicher Schaden entstanden?

Das kommt ganz auf die Betrachtungsweise an. Man könnte sagen, dass wir durch die My.Size-Geschichte einen beträchtlichen Schaden erlitten haben. Gleichzeitig wäre aber das, was dadurch bei unserer Marke MISTER SIZE gerade an großartigem Neuen entsteht, nicht möglich gewesen.

Wird man als Unternehmer mit der Zeit besser darin, aus Fehlern zu lernen?

Ich bin der Überzeugung, dass das nichts mit Unternehmertum zu tun hat, sondern eher mit der Persönlichkeit eines Menschen. In dem Moment, in dem er erkennt, dass jeder seines Glückes Schmied ist, kann er aus Fehlern lernen. Dann bekommt er, wenn er etwas ausprobiert, entweder das Ergebnis, das er wollte, oder die Lektion, die er brauchte. Wer das erkennt, kann aus jedem Fehler eine wertvolle Lernerfahrung machen.

Wer bringt einem Unternehmer bei, wie er mit Fehlern am besten umgeht?

Das bringt einem niemand bei. Das lehrt die Erfahrung. Ich wusste zum Beispiel schon mit 13, dass ich Psychologie studieren möchte, um herauszufinden, wie ich das Potenzial von Menschen wecken kann. Ich habe also schon früh alle Lernchancen ergriffen, die sich mir boten. Entsprechend schnell habe ich in verschiedenen Stationen meines Lebens immer wieder Führungsaufgaben übertragen bekommen. Und dabei galt für mich von Anfang an: Es macht nichts, wenn etwas schief geht. Alles ist ein Experiment, das gelingen oder schiefgehen kann.

Welche Tipps haben Sie zum Umgang mit Fehlern?

Für mich spielt hier Vertrauen eine zentrale Rolle. Eine Google-Studie hat belegt, dass die leistungsstärksten Teams diejenigen sind, die das größte Vertrauen untereinander haben. Sie trauen sich, die verrücktesten Dinge auszuprobieren, weil sie keine Angst vor Misserfolg haben müssen. Wenn wir als Unternehmer mutig in die Welt gehen wollen, müssen wir Vertrauen in uns selbst und in unsere Teams haben. Jeder muss sich darauf verlassen können, dass mit Fehlern konstruktiv umgegangen und niemand an den Pranger gestellt oder gar entlassen wird.

VON HEIKE THISSEN