You are here

Wie Transfer die Unternehmermarke stärkt

Jasmin Biermann-Gässler ist Gründerin und Geschäftsführerin der biema Transfer GmbH mit Hauptsitz in Donaueschingen und Zweigstellen in Singen, Villingen-Schwenningen und Rottweil. Mit ihrem Team unterstützt sie Unternehmen dabei, Personalabbau wirtschaftlich und fair umzusetzen.
Veröffentlicht am 05.12.2020
Jasmin Biermann-Gässler, Gründerin und Geschäftsführerin der biema Transfer GmbH im Klientengespräch | Bild: Marco Gaessler (Carpe Momentum Studios)

Frau Biermann-Gässler, was genau versteht man eigentlich unter Transferleistungen?

Wenn ein Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz seiner Mitarbeiter entlassen muss – aus welchen Gründen auch immer – und es sich dafür entscheidet, hierbei mit einem Sozialplan vorzugehen, kommen Transferagenturen und Transfergesellschaften ins Spiel. Das Unternehmen kann dann entweder eine Transferagentur beauftragen oder seine Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft übergeben. Beide Wege verfolgen das Ziel, den Mitarbeitern einen nahtlosen Übergang in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und eine Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Worin unterscheiden sich Transferagenturen und Transfergesellschaften?

Bei einer Transferagentur bleiben die Mitarbeiter bei ihrem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt, werden jedoch durch einen entsprechenden Dienstleister bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle unterstützt. Dafür kann das Unternehmen bei der Agentur für Arbeit einen Zuschuss in Höhe von bis zu 50 Prozent oder maximal 2500 Euro der erforderlichen und angemessenen Kosten für die Maßnahmen bekommen. In einer Transfergesellschaft hingegen beenden die Mitarbeiter das aktuelle Arbeitsverhältnis und beginnen nahtlos ein neues Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft, das auf maximal zwölf Monate befristet ist. Hierfür wird ein dreiseitiger Vertrag erstellt. Die Agentur für Arbeit beteiligt sich in Form eines so genannten Transferkurzarbeitergeldes und anteilig bei den Qualifizierungskosten unter bestimmten Voraussetzungen, während der bisherige Arbeitgeber die Kosten für die Lohnaufstockung und die zusätzlichen Dienstleistungen trägt.

Worauf muss das Unternehmen dabei achten?

In beiden Fällen ist wichtig, dass ein klar vorgegebenes Prozedere eingehalten wird. Nach der Entscheidung für eine betriebliche Restrukturierung muss eine gesetzliche Beratung durch die Agentur für Arbeit stattfinden und ein Sozialplan offiziell abgeschlossen werden. Dann folgt die arbeitsrechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Anschluss durchlaufen die Mitarbeiter ein so genanntes Profiling, bevor sie dann von der Transferagentur oder der Transfergesellschaft übernommen werden.  

Was passiert bei diesem Profiling?

Das Profiling ist ein verpflichtendes Angebot für die betroffenen Arbeitnehmer, bei dem sie sich mit sich und ihrer Situation beschäftigen müssen. Sie führen in kleinen Gruppen und auch in Einzelgesprächen eine Selbstanalyse durch und entwickeln ein Bild von ihrer weiteren beruflichen Zukunft. Danach steht der Bewerbungsprozess im Fokus: Die Erstellung des Lebenslaufs und konkrete Methoden für eine erfolgreiche Bewerbung spielen hier eine zentrale Rolle. Ich persönlich halte diese Maßnahme für absolut sinnvoll. Wer dieses Prozedere durchlaufen hat, ist schon einen großen Schritt weiter in Richtung neuem Job.

Können Sie genauer beschreiben, welche Leistungen eine Transferagentur in der Regel erbringt?

Ich kann hier natürlich vor allem für mein eigenes Unternehmen, die biema Transfer GmbH sprechen. Der Kern unserer Tätigkeit als Transferagentur besteht darin, die Menschen, die entlassen werden, beim Finden einer neuen Stelle oder einer Alternative zu unterstützen. Das findet in Gruppen- und in Einzelcoachings statt, so dass die Mitarbeiter im Idealfall noch vor Ende der Kündigungsfrist in neues Arbeitsverhältnis starten. Dazu gehören Bewerber- und Vorstellungstrainings, aber auch Angebote zur beruflichen Trennungsbewältigung und zur Persönlichkeitsentwicklung. Wir sehen uns als zuverlässige Wegbegleiter in einer herausfordernden Zeit, denn viele Betroffene leiden nicht nur unter sozialer Angst, sondern sie haben auch große existenzielle Sorgen. Wir sehen uns zum Beispiel die bisherige und die künftige berufliche Ausrichtung an und finden mit dem Menschen heraus, was er sich vorstellen kann und was nicht. Je nachdem, ob jemand zum Beispiel kurz vor dem Ruhestand steht oder schon immer den Traum von der eigenen Selbstständigkeit verwirklichen wollte, läuft diese Begleitung natürlich völlig unterschiedlich ab. Darüber hinaus unterstützen wir die Unternehmen bei den Anträgen, übernehmen die Abrechnung für die Fördergelder und vieles mehr.

Warum lohnt es sich für Unternehmen, Transferleistungen anzubieten?

Unternehmen sollten den Effekt von Transferleistungen nicht unterschätzen. Sie stabilisieren ihre Arbeitgebermarke und verhindern, dass die Arbeitsunzufriedenheit bei den verbleibenden Mitarbeitern steigt, was wiederum für ein anhaltend gutes Betriebsklima wichtig ist. Kündigungsschutzklagen lassen sich weitgehend vermeiden, wenn die betroffenen Mitarbeiter gut beim Transfer begleitet werden. Doch auch Personaler und Führungskräfte, die in solchen Situationen oft an ihre emotionalen Grenzen kommen, erhalten Unterstützung und werden bei den Trennungsgesprächen begleitet. Außerdem entsteht durch die Transferleistungen eine Win-Win-Situation, von der beide Seiten profitieren. Und das sind längst noch nicht alle Vorteile.

VON HEIKE THISSEN